Der FC Red Bull Salzburg gab vor Kurzem die Verpflichtung eines vielversprechenden Talents bekannt. Der 18-Jährige Oumar Diakité wechselte an die Salzach und unterschrieb einen Vertrag bis Juni 2026. Damit wagte der Mittelfeldspieler, wie viele vor ihm, den Sprung von Afrika nach Europa. Für seinen nunmehrigen Ex-Klub, ASEC Mimosas, ist das keinesfalls außergewöhnlich. Der Klub aus der Elfenbeinküste brachte in den vergangenen Jahren immer wieder Talente hervor, die in europäischen Top-Ligen Titel gewonnen haben. Doch, was machte ASEC so erfolgreich? Wer war dafür verantwortlich? Und was hat es mit der “Mimosifcom” auf sich?
Die Geschichte
“Amicale Sportive des Employés de Commerce Mimosas” wurde im Jahr 1948 von Geschäftsleuten aus Westafrika, dem Libanon und Frankreich gegründet und ist der erfolgreichste Fußballverein der Elfenbeinküste. Die heimische “Ligue 1” konnte 27-mal gewonnen werden. Der Pokalsieg wurde ganze 20-mal bejubelt. Der Klub ist in Abidjan beheimatet und wird bei internationalen Spielen deswegen auch ASEC Abidjan genannt. Abidjan liegt am Golf von Guinea und ist mit über vier Millionen Einwohnern der größte städtische Ballungsraum des Landes. Von 1933 bis 1983 war Abidjan die Hauptstadt der Côte d’Ivoire.
Die Mimosifcom – das Herzstück des Klubs
Ein Name, über den man beim Blick auf den afrikanischen Fußball oft stolpert, ist Jean-Marc Guillou. Der ehemalige französische Nationalspieler gilt als einer der größten Förderer von jungen Fußballtalenten in Afrika. Die Grundpfeiler für die Ausbildung junger Kicker in der Elfenbeinküste wurden im Jahr 1993 gesetzt, als Guillou Generalmanager bei ASEC Mimosas wurde. In dieser Zeit war der Klub gerade dabei, sich neu aufzustellen und zu modernisieren. Zusammen mit dem Klubvorsitzenden Roger Ouégnin und der Sifcom-Gruppe wurde 1994 in Sol Béni die “Académie Mimosifcom”, also die Akademie von ASEC Mimosas, gegründet. Besser gesagt: Die Akademie ist “auf” Sol Béni, was so viel wie “gesegneter Boden” heißt, entstanden. Anfangs glaubten nicht viele an den Erfolg. Die Zweifler sollten jedoch nicht recht behalten, wie sich wenige Jahre nach der Gründung der Akademie herausstellte.
Im Jahr 1998 feierte ASEC Mimosas mit dem ersten und bisher auch einzigen Sieg der CAF Champions League einen großen Erfolg und traf folglich im CAF Super Cup auf Espérance Sportive de Tunis. Nach dem Gewinn der afrikanischen Königsklasse verließen jedoch viele Spieler den Klub, weil sie das Interesse von anderen Vereinen auf sich zogen oder schlicht zu alt waren. Die Vereinsverantwortlichen rund um Guillou entschieden infolgedessen ein Team, bestehend aus jungen Mimosifcom-Spielern, ins Duell mit Espérance Tunis zu schicken. Das erzürnte die Tunesier und Vertreter des afrikanischen Verbands CAF, die der Ansicht waren, dass ASEC Mimosas den Bewerb nicht respektiere. Am Ende setzten sich die Spieler aus der Elfenbeinküste, die alle jünger als 19 Jahre alt waren und zu denen unter anderem Kolo Touré zählte, jedoch durch und gewannen nach Verlängerung mit 3:1.
Mimosas – Beveren – London
Kolo Touré ist übrigens ein gutes Stichwort für eine weitere Person, die in der Geschichte von ASEC Mimosas eine große Rolle spielt: Arsène Wenger. Zur Vorgeschichte: Guillou und Wenger kennen sich von ihrer gemeinsamen Zeit bei AS Cannes. Guillou war dort Cheftrainer, Wenger sein Co. Nach dem Sieg der CAF Champions League ging man zudem eine Partnerschaft mit K.S.K. Beveren aus Belgien, wo die Staatsbürgerschaftsgesetze vergleichsweise “großzügiger” sind, ein. Und nachdem Wenger das Zepter in Nordlondon bei Arsenal in der Hand hatte, war der Weg praktisch vorgezeichnet. Von Mimosas nach Beveren, wo Guillou für eine kurze Zeit auch als Cheftrainer wirkte, und von dort aus nach London. Diesen Weg ging beispielsweise Emmanuel Eboué, der mit Arsenal 2005 englischer Pokalsieger wurde. Auch Kolo Touré lernte bei Mimosas das Fußballspielen und wechselte später in die Premier League. Wenger war jedoch nicht nur Trainer bei Arsenal, sondern half Guillou in der Anfangsphase bei Mimosas mit seiner Expertise und verschaffte der ivorischen Akademie zudem finanzielle Unterstützung.
que les enfants s’amusent en jouant au football
Die Vorgehensweise von ASEC Mimosas brachte jedoch auch Kritik ein. In Afrika werden jungen Fußballtalenten oft große Karrieren versprochen, sie zahlen viel Geld an ominöse Berater, die ihnen Probetrainings in Europa versprechen. Für viele klingt das natürlich verlockend, so verdienen die besten Spieler bei Mimosas pro Monat rund 1000 US-Dollar, wie Benoit You im Gespräch mit COPA90 verrät. Mit den Gehältern im Ausland kann Mimosas also bei Weitem nicht mithalten. Das bewegt nicht gerade wenige Kicker, die Elfenbeinküste schon in jungen Jahren zu verlassen.Allein, in einem fremden Land, sind sie dann aber auf sich gestellt. Mimosas könnte man unterstellen, sich mit ihrer Akademie und dem Netzwerk nach Europa an diesem System zu beteiligen. Auch Guillou sah sich mit Kritik konfrontiert, da er in den vergangenen Jahren nicht nur in der Elfenbeinküste, sondern beispielsweise auch in Algerien, Mali oder Ghana Fußballakademien gründete.
Es ist jedoch unbestritten, dass sich die Mimosifcom ausgiebig für aufstrebende Fußballer engagiert. Ein wichtiger Teil jeder fußballerischen Ausbildung ist, da kann man sich wohl einig sein, die schulische Bildung. Dieses Thema wird bei den Ivorern groß geschrieben. So waren sie einer der ersten, die Wert auf eine allumfassende Betreuung legten. Die Absolventen besuchen, neben dem Training, von montags bis freitags die Schule. Das soll ein Mindestmaß an Bildung gewährleisten. Auf der Webseite wird festgehalten, dass alle Absolventen, die die Akademie im Alter von 17 bis 18 Jahren nach fünfjähriger Ausbildung verlassen, lesen, schreiben und rechnen können. 90% der Absolventen spielen zudem in der ersten oder zweiten ivorischen Liga oder im Ausland, wodurch sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Nicht unwesentlich: Die fußballerische sowie die schulische Ausbildung sind völlig kostenlos, was den sozioökonomisch schwächer gestellten Familien zugute kommt. Viele versuchen jedoch vom fußballerischen Talent, das es in der Elfenbeinküste zweifellos gibt, Kapital zu schlagen. So sind in den vergangenen Jahren dutzende “Akademien” entstanden, die den Namen eigentlich nicht verdient haben, da sie ausschließlich darauf fokussiert sind, aus ihren Spielern den größtmöglichen Profit herauszuquetschen. So merkt Benoit You bei COPA90 an:
“There are a lot of talented players in Ivory Coast or in Africa but what Africa needs aren’t players […] but it’s organization.”
Es ist also klar zu erkennen, dass auch auf wesentliche Werte abseits des Platzes, die im Leben wichtig sind, Wert gelegt wird.
Erfolgreiche Vergangenheit! Erfolgreiche Gegenwart?
ASEC Mimosas war, wie bereits erwähnt, vor allem vor 20 bis 30 Jahren sehr erfolgreich. So stellte man mit 108 ungeschlagenen Spielen zwischen 1989 und 1994 sogar einen Weltrekord auf. Am Anfang der 00er Jahre wechselte auch Yaya Touré, der Bruder vom bereits erwähnten Kolo, nach Europa. Stars wie Gervinho oder Salomon Kalou wurden ebenfalls in Mimosas ausgebildet. Wie stolz man auf die “Heroes” ist, die man von klein auf großzog, zeigt sich beim Gang durch die Akademie-Räumlichkeiten. So sind beispielsweise die Schlafräume nach den Touré-Brüdern und Co. benannt.
Der Verein aus Abidjan prägte darüber hinaus stets das Nationalteam mit aktuellen oder ehemaligen Spielern. Bei der WM im Jahr 2006 genossen elf der 23 Kaderspieler der Elfenbeinküste ihre Ausbildung in der Mimosifcom. Beim aktuell laufenden Afrika-Cup spielen mit Karim Konaté, der übrigens schon in Salzburg zur Probe war, und Abdoul Karim Cissé zwei aktuelle Mimosas-Kicker.
Gar so dominant wie in den 90ern trat ASEC Mimosas in den vergangenen Jahren jedoch nicht ganz auf. So blieb man zwischen 2010 und 2017 ohne Meistertitel. Ein Grund dafür ist mit Sicherheit, dass die Mimosifcom nicht mehr die einzige Akademie in der Elfenbeinküste ist, die sich auf die Suche nach jungen Talenten begibt. Möglicherweise, oder sogar recht wahrscheinlich, spielt auch die Globalisierung eine Rolle. Viele wollen schnellstmöglich nach Europa, ohne vorher in der heimischen Ligue 1 Erfahrungen gesammelt zu haben, um es überspitzt zu formulieren. Und weil man mittlerweile die Spiele aus der Premier League oder der La Liga überall auf der Welt verfolgen kann, sinkt auch das Interesse am Fußball “vor der eigenen Haustür”.
In der vergangenen Saison konnte man dafür, nach zweijähriger Abstinenz, wieder über den Gewinn der Meisterschaft jubeln. Und mit dem Wechsel von Oumar Diakité nach Salzburg stellte man unter Beweis, dass die Talenteschmiede weiterhin funktioniert. Man darf auf jeden Fall gespannt sein, ob dem 18-Jährigen der Durchbruch in der Mozartstadt gelingt und ob sein Name eines Tages die Tür eines Schlafplatzes in der Akademie Mimosifcom zieren wird.