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Salzburg

Von der Topform noch weit entfernt – Erkenntnisse aus dem Nordsjaelland-Test

Dorgeles Nene im Testspiel gegen den FC Nordsjaelland. (c) Andreas Schaad – FC Red Bull Salzburg

Der FC Red Bull Salzburg verlor am Ende einer intensiven Trainingslager-Woche zum zweiten Mal in Folge. Gegen den FC Nordsjaelland setzte es eine 0:2-Niederlage. Bis zum Pflichtspiel-Start wartet auf das Team von Cheftrainer Matthias Jaissle noch eine Menge Arbeit, wobei die Begleitumstände nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

Es war heiß am Samstagnachmittag im Sportzentrum Anif, wo der FC Red Bull Salzburg zum Abschluss des Trainingslagers gegen Dänemarks Vizemeister testete. Vor dem Spiel, das um 15:30 Uhr angepfiffen wurde, war in Saalfelden am Vormittag noch eine letzte Trainingseinheit auf dem Programm gestanden. Dass die Beine dementsprechend schwer waren, merkte man den Spielern bereits beim Aufwärmen an.

Bei den langen Bällen von Strahinja Pavlovic auf Außenverteidiger Kamil Piatkowski, der die Kugeln per Flanke in den Sechzehner bringen sollte, fehlte nicht selten die nötige Präzision. Die abschließende Schussübung, bei der sich zwei Gruppen an der Strafraumkante halblinks und halbrechts aufstellten, um nach einem Doppelpass aufs Tor zu schießen, wirkte von außen betrachtet etwas unkoordiniert.

Die Hitze war dabei mit Sicherheit ein Faktor, wurde einem schon beim Zuschauen in der Sonne ordentlich warm. Umso mehr Respekt ist der Person zu zollen, die sich an diesem Nachmittag das Bullidibumm-Kostüm übergezogen hatte, um den jüngsten Fans eine Freude zu bereiten.

Folgende Elf schickte Matthias Jaissle für die erste Halbzeit aufs Feld:

Köhn
Piatkowski – Baidoo – Pavlovic – Ulmer
Gourna
Dedic – Kjaergaard
Jano
Nene – Konate

Auffällig: Amar Dedic startete nicht, wie gewohnt, als Außenverteidiger, sondern bekleidete im Mittelfeld die Rolle des rechten Achters. In der neunten Spielminute schaltete sich der Bosnier auch prompt ins Offensivgeschehen ein und kam nach einer Maßflanke von Andreas Ulmer zu einem gefährlichen Kopfball. Torhüter Andreas Hansen lenkte den Ball allerdings über die Latte.

In der Anfangsphase machte es die Elf des FC Red Bull Salzburg gut, das Tempo passte, Konate und Nene pressten an vorderster Front intensiv an. Nach etwas mehr als einer Viertelstunde dann ein kurzer Schockmoment, als Pavlovic unglücklich getroffen wurde und zu Boden ging. Der Serbe konnte aber weiterspielen.

Dänische Pressingresistenz

Mit Fortdauer der Partie wurden die Dänen mutiger und fanden immer wieder Lösungen, um das Salzburger Pressing zu umgehen. Die Roten Bullen verdichteten den Raum an der „ersten Linie“ zwar konsequent, die Mannschaft von Cheftrainer Johannes Thorup konnte sich allerdings immer wieder aus den Drucksituationen befreien. Dabei überzeugten die Dänen mit Variabilität. Häufig wurde der defensive Mittelfeldspieler Jeppe Tverskov gesucht, um das Spiel auf die andere Seite zu verlagern. Auch der robuste Mohamed Diomande war im Zentrum auffällig. Mitspieler Ibrahim Osman zeigte ebenso mit dem einen oder anderen sehenswerten Dribbling auf. Zudem ließ sich Angreifer Benjamin Nygren punktuell fallen, um für Unordnung in der Salzburg-Hintermannschaft zu sorgen.

Amankwah Forson gegen den FC Nordsjaelland. (c) Andreas Schaad – FC Red Bull Salzburg

Gegen den Ball agierte der Superliga-Klub ebenfalls äußerst aktiv. Lucas Gourna-Douath & Co. sahen sich häufig gezwungen, im Aufbau einen Quer- oder Rückpass einzubauen, da das vertikale Zuspiel nach vorne zu riskant erschien. Allerdings zeichnet genau das schnelle Spiel in die Spitze den Salzburger Fußball aus. Und weil ein Fehlpass in einem Testspiel nicht so schwer wiegt wie in einem Bewerbsspiel, hätte das Risiko durchaus öfter genommen werden können. Kurz vor der Pause gingen die Dänen schließlich mit 1:0 in Führung. Diomande brachte einen Ball in den Sechzehner, Pavlovic missglückte der Klärungsversuch und Nygren staubte eiskalt zum 1:0-Pausenstand ab (39.).

Für den zweiten Spielabschnitt schickte Jaissle eine neue Elf aufs Feld. Nur Philipp Köhn blieb im Tor:

Köhn
Morgalla – Solet – Okoh – Ludewig
Tijani
Yeo – Sadeqi
Forson
Lechner – Ratkov

Dass die junge Salzburg-Mannschaft noch nicht ganz eingespielt war, zeigte sich in der 56. Spielminute, als Samson Tijani einen Querpass von Leandro Morgalla vertändelte. Auch Bryan Okoh erreichte den Ball nicht mehr. Nordsjaelland-Offensivspieler Mads Hansen nutzte den Patzer aus und schob nach einem Solo zum 2:0 aus Sicht der Dänen ein.

Den „Jungbullen” fehlte die Durchschlagskraft

In der Folge hatte Salzburg mehr vom Spiel, richtige Torchancen konnten sich Neuzugang Petar Ratkov & Co. allerdings nicht herausspielen. Die „Achse“ Yeo–Morgalla–Lechner auf der rechten Seite war zwar aktiv, die Jungspunde kamen aber zu selten gefährlich vor das gegnerische Tor. Ratkov war in der 72. Minute nah an einem Treffer dran, scheiterte jedoch am gegnerischen Keeper. Im Spielaufbau fehlte oft auch die nötige Präzision, nicht selten rollte der Ball über die Seitenlinie ins Aus.

Leandro Morgalla und Moussa Yeo gegen den FC Nordsjaelland. (c) Andreas Schaad – FC Red Bull Salzburg

Jaissle hielt sich indes mit Anweisungen eher zurück. Er lobte seine Schützlinge nach guten Aktionen und gab das „Go!“, wenn vorne angelaufen werden sollte. Weiters korrigierte der Deutsche ein, zwei Mal das Stellungsspiel von Dominik Lechner und gab ihm die Laufwege vor. Auffällig war eine einstudierte Eckball-Variante: Morgalla stellte sich auf den Schnittpunkt von Sechzehner- und Grundlinie, um den Ball auf den im Halbraum stehenden Moussa Yeo weiterzuleiten. Dieser sollte dann die Flanke in den Strafraum bringen. Beim zweiten Mal waren die Dänen bereits auf der Hut.

Ein kleiner Unsicherheitsfaktor in der Defensive war Oumar Solet, der von den agilen Gegenspielern oft unter Druck gesetzt wurde. Dafür agierte Tijani nach seinem Aussetzer vor dem Gegentor souverän und hatte den Raum vor der Abwehrkette im Griff – auch wenn dieser von Nordsjaelland nicht mehr so häufig frequentiert wurde wie noch in Hälfte eins. Am Ende konnte keine Schlussoffensive mehr gestartet werden, der FC Red Bull Salzburg verlor den zweiten Test in Folge mit 0:2.

Die Erkenntnisse

So schaut die Ausbeute nach drei absolvierten Testspielen aus: ein Sieg, zwei Niederlagen, Torverhältnis: 2:5 – wobei nur ein Treffer auf das Konto eines Salzburg-Spielers geht, denn die Roten Bullen gingen im ersten Test gegen Ferencvaros durch ein Eigentor mit 1:0 in Führung. Ratkov zeichnete beim 2:1-Sieg für den zweiten Salzburger Treffer verantwortlich. Der Vollständigkeit halber: Gegen Legia Warschau setzte es im zweiten Vorbereitungsspiel eine 0:2-Niederlage.

Vom intensiven, offensiven Salzburger Powerfußball bekamen Fans sowie Beobachterinnen und Beobachter des FC Red Bull Salzburg bislang lediglich phasenweise etwas zu sehen. Von einer eingespielten Mannschaft kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht die Rede sein. Bis zum ersten Pflichtspiel in zwei Wochen im ÖFB-Cup gegen SCU Ardagger/Viehdorf liegt noch eine Menge Arbeit vor den Spielern und Betreuerinnen und Betreuern des FC Red Bull Salzburg.

Ein Grund, nervös zu werden? Stand jetzt (noch) nicht. In Testspielen geht es bekanntlich nicht um Punkte und Prämien. Wichtig sind die Bewerbsspiele. Darüber hinaus lief der FC Red Bull Salzburg in den ersten drei Tests stets mit zahlreichen Youngsters des FC Liefering auf, von denen ein Großteil im weiteren Saisonverlauf mehr Einsätze in der 2. Liga als in der Bundesliga sammeln wird. Zum Vergleich: Die Nordsjaelland-Startelf hatte ein Durchschnittsalter von 23,3 Jahren (Monate und Tage wurden bei der Berechnung nicht berücksichtigt). Die Salzburg-Elf der zweiten Hälfte kam auf ein Durchschnittsalter von 20,5 Jahren. Zudem fehlten gegen Nordsjaelland zahlreiche Stützen der letzten Saison – Nicolas Capaldo, Sekou Koita, Oscar Gloukh, Fernando, Luka Sucic oder Noah Okafor, um einige Namen zu nennen.

Gleichzeitig muss jedoch festgehalten werden, dass der Saisonstart in der Liga – am 29. Juli geht es auswärts gegen den SCR Altach – nicht mehr allzu weit entfernt ist. Das heißt, dass potenzielle Neuzugänge nicht mehr viel Zeit haben, um sich an den für „Neulinge“ durchaus herausfordernden Salzburger Spielstil zu gewöhnen. Mit Okafor, Koita und Solet stehen momentan auch noch einige Wechselkandidaten im Kader des FC Red Bull Salzburg. Zumindest im Sturm müsste man bei einem Wechsel von Okafor und Koita wohl nachlegen. Mit den Abgängen von Benjamin Sesko (RB Leipzig) und Junior Adamu (SC Freiburg) verließen auf einen Schlag zwei Stürmer den Verein, die in der abgelaufenen Saison für 32 Tore verantwortlich gewesen waren. Zudem wurde Oumar Diakite an Stade Reims abgegeben.

Oumar Solet nach dem Test gegen Legia Warschau. (c) Andreas Schaad – FC Red Bull Salzburg

Im Mittelfeld könnte darüber hinaus über einen Ersatz für Nicolas Seiwald nachgedacht werden. Der Kuchler, der wie Sesko ebenfalls nach Leipzig wechselte, war in der abgelaufenen Saison praktisch immer gesetzt gewesen und auf Klubebene am Ende in 43 Pflichtspielen auf dem Feld (vier Tore, drei Assists) gestanden. Dazu kamen die Einsätze im Nationalteam. Ein Spieler, der die Achter- sowie die Sechser-Position gleich gut und in abgebrühter Manier besetzen kann, geht dem FC Red Bull Salzburg momentan noch ab. „Wir sind mitten in der Transferperiode, da wird sicher noch einiges passieren“, hielt Jaissle gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ jedenfalls fest.

Aktuell sind noch viele Fragen offen. Es wäre gewissermaßen ein Schuss ins Blaue, sollten Spieler, die sich noch nicht über einen längeren Zeitraum im Trikot des FC Red Bull Salzburg präsentieren konnten (Mamady Diambou, Daouda Guindo, Justin Omoregie, Samson Tijani), als direkte Backups eingeplant sein. Andererseits ist genau das der Weg, den der FC Red Bull Salzburg schon seit Jahren beschreitet. Ohne dieses Versprechen auf Einsatzminuten würde man junge Talente wohl nicht von einem Wechsel nach Salzburg überzeugen können.

Nur: Geht es noch ein Stück jünger? Geht es noch unerfahrener? Aktuell hat man das Gefühl, als würden sich diese Fragen in der Salzburger Führungsriege gestellt. Allein die Tatsache, dass Jaissle der erste Cheftrainer ist, der in eine dritte Amtszeit geht, deutet auf eine Saison nach dem Motto „If you never try, you’ll never know“ hin. Zumal auch der Kooperationspartner FC Liefering mit Neo-Cheftrainer Onur Cinel vor einer ungewissen Zukunft steht. Die „Jungbullen“ konnten mit dem 4:1-Sieg gegen den SK Austria Klagenfurt jedenfalls einen erfolgreichen Testspielauftakt feiern.


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