Obwohl in der 2. Liga-Saison 2023/24 noch 18 Spiele zu absolvieren sind, befindet sich der FC Liefering bereits jetzt in richtungsweisenden Wochen. Mit zehn Punkten aus 12 Spielen steht der Kooperationspartner des FC Red Bull Salzburg auf einem direkten Abstiegsplatz.

Die negative sportliche Entwicklung, die vor rund eineinhalb Jahren mit Rene Aufhauser begonnen und sich unter Fabio Ingolitsch fortgesetzt hatte, konnte auch Onur Cinel bisher nicht stoppen. Seit neun Spielen warten die Jungbullen auf den nächsten Sieg. In den vergangenen vier Partien ging es ausschließlich gegen Konkurrenten um den Nicht-Abstieg. Drei Unentschieden und eine Niederlage lautet die ernüchternde Ausbeute. Dabei war der Saisonstart verheißungsvoll gewesen. In der Vorbereitung wurde Erstligist SK Austria Klagenfurt mit 4:1 besiegt, in der Liga konnte man sechs Punkte aus den ersten drei Spielen sammeln – und das gegen Schwarz-Weiß Bregenz, aktuell Tabellenzweiter, und den SKN St. Pölten, vor dieser Spielzeit eigentlich als einer der Topfavoriten auf den Aufstieg gehandelt.

Doch auch Neu-Trainer Onur Cinel gelang es bisher nicht, den FC Liefering langfristig zu stabilisieren. Nur der SKU Amstetten hat bisher weniger Punkte und Siege auf dem Konto. Mit erst neun Treffern stellt die Mannschaft aus Liefering den zweitschwächsten Angriff der Liga. Gleichzeitig sind 19 Gegentore der viertschlechteste Wert. Sowohl die Abwehr als auch der Angriff waren bereits in der Vorsaison die Hauptbaustellen. Defensiv kassiert die Cinel-Elf zu viele einfache, oft individuell verschuldete Treffer. Im Mittelfeld fehlt es an Zugriff und Kreativität. Sinnbildlich für die Offensivschwäche ist, dass Rechtsverteidiger Benjamin Atiabou mit drei Treffern Toptorschütze der Mannschaft ist.

Schwacher Kader: FC Liefering bleibt unter den Erwartungen

Einen Stürmer wie Benjamin Sesko, Roko Simic oder Karim Konate, der die Offensive fast im Alleingang getragen hat, gibt es im Vergleich zu den Vorjahren bisher nicht, ebenso wenig hochtalentierte Einzelspieler wie Dominik Szoboszlai oder Luka Sucic. Nach der dritten sportlich nicht erfolgreichen Saison in Folge wäre es zu einfach, ausschließlich den Trainer in die Pflicht zu nehmen. Der Eindruck ist, dass der Kader noch jünger geworden ist und inzwischen die herausragenden Talente fehlen. Zudem mangelt es an Führungsspielern. Die Millionenneuzugänge Nicolo Turco und Adam Daghim sind bislang noch zu selten ein Faktor, auch wenn Letztgenannter zuletzt immer besser in Schwung kam und mit drei Vorlagen in den letzten vier Partien der beste Vorbereiter der Lieferinger ist.

Wie größtenteils bereits in den vergangenen beiden Spielzeiten enttäuscht der FC Liefering vor allem spielerisch. Es gilt zu beachten, dass der Kooperationspartner des FC Red Bull Salzburg die mit Abstand jüngste Mannschaft stellt. Dennoch sollte es der Anspruch sein, die meisten Gegner in der Liga mit Talenten, ausgebildet in der Red Bull Fußball Akademie oder für Millionenbeträge gekauft, spielerisch zu dominieren. Stattdessen weist das Team sowohl spielerisch als auch technisch konstant Mängel auf. Insgesamt ist es auffällig, wie viele, oft einfache Ballverluste sich der FC Liefering vor allem im Mittelfeld leistet. Durchschnittlich enden rund die Hälfte aller Ballaktionen in einem Ballverlust. Cinel lässt ein 4-2-2-2-System mit einer Mischung aus Flügeln und Zehnern spielen. Das Gegenpressing, für das die Red-Bull-Schule in den vergangenen Jahren bekannt geworden ist, funktioniert dabei selten bis kaum. Zu groß sind die Abstände im Mittelfeld. Auffällig ist, dass vor allem defensiv oft frühe Wechsel vollzogen werden.

FC Liefering und FC Red Bull Salzburg mit Verletzungssorgen

Von außen betrachtet wirkt es insgesamt so, als wäre die Mannschaft zu wenig eingespielt. Ausschlaggebend dafür sind mehrere Punkte: Zum einen wurden die Transfers der Kooperationsspieler Douglas Mendes, Adam Daghim und Nicolo Turco erst sehr spät in der Transferphase finalisiert. Zum anderen können die Länderspielpausen nicht genutzt werden. Aufgrund der vielen Abstellungen trainiert der FC Liefering zusammen mit dem FC Red Bull Salzburg. Trainer Onur Cinel selbst weilte bislang als Co-Trainer von Ralf Rangnick beim A-Nationalteam Österreichs.

Des Weiteren plagen den FC Liefering seit Saisonbeginn, ähnlich wie den FC Red Bull Salzburg, Verletzungsprobleme. Wöchentlich steht eine andere Startelf auf dem Platz. Gleich mehrere Schlüsselspieler fehlten verletzungsbedingt: Douglas Mendes, laut Medienberichten für rund eine Million Euro aus Brasilien von Red Bull Bragantino verpflichtet, kam erst sieben Mal zum Einsatz, Lawrence Agyekum, der in der letzten Saison mehrfach für den FC Red Bull Salzburg aufgelaufen war, hat erst vor rund zwei Wochen sein Comeback nach einer Schulterverletzung gegeben. Moussa Yeo wurde vor der Spielzeit fest zum FC Red Bull Salzburg hochgezogen, sollte aber dennoch weiterhin eine Schlüsselposition beim FC Liefering übernehmen. Daraus wurde bislang nichts. Erst vier Einsätze und ein Tor stehen zu Buche. Leandro Morgalla, eigentlich in der laufenden Saison noch für den Zweitligisten eingeplant, überzeugte in der Vorbereitung bei den Roten Bullen und kam aufgrund dessen bereits mehrfach in der Bundesliga zum Einsatz. Zuletzt bremsten ihn mehrere Blessuren aus. Sturmhoffnung Nicolo Turco fehlte ebenso bereits mehrere Wochen.

Teure Neuverpflichtungen überzeugen noch nicht

Im nächsten Kellerduell gegen den SKU Amstetten am Samstag drohen erneut viele wichtige Spieler auszufallen. Nach Informationen von VICTAURI.at fehlten im Training am Dienstag Alparslan Baran, Sebastian Künstner, Sebastian Leitner, John Mellberg, Douglas Mendes, Moritz Neumann, Valentin Oelz, Tolgahan Sahin, Matteo Schablas und Jannik Schuster. Dominik Lechner, Alexander Murillo, Oliver Lukic, Phillip Verhounig und Moussa Yeo konnten nur eine individuelle Einheit absolvieren.

Ergänzend zu den Verletzungssorgen kommt die Formschwäche einiger Talente hinzu. Nicolo Turco, aus der Jugend von Juventus Turin nach Salzburg gewechselt war, erzielte erst einen Treffer, Adam Daghim wartet noch auf sein Debüttor in der 2. Liga. Elione Fernandes Neto hatte mit 17 Jahren bereits mehrere Startelfeinsätze in der 2. Bundesliga bei Fortuna Düsseldorf gesammelt, kam beim FC Liefering bislang jedoch nicht über die Rolle als Ergänzungsspieler hinaus. Zeteny Jano gehört zu den größten Talenten Österreichs und absolvierte Teile der Vorbereitung mit den Profis des FC Red Bull Salzburg, blieb beim Kooperationspartner in der 2. Liga jedoch zumeist hinter den Erwartungen zurück. Zwar erzielte der Edeltechniker zuletzt die einzigen beiden Tore seines Teams, die auch jeweils zu einem Punktgewinn führten, seine Statistiken zeigen allerdings, dass der 18-Jährige spielerisch insgesamt noch viel Luft nach oben hat. Der Mittelfeldspieler gewinnt durchschnittlich etwa die Hälfte seiner Zweikämpfe und bringt nur rund 50 Prozent seiner Pässe zum Mitspieler. Ebenso viele Dribblings sind erfolgreich.

Relegation des FC Liefering hätte gravierende Folgen

Der Abstieg des FC Liefering hätte vor allem negative Auswirkungen auf den FC Red Bull Salzburg. Die Partnerschaft ist für die Roten Bullen elementar. Im Profikader stehen 17 Spieler, die zuvor beim Kooperationspartner ausgebildet worden sind. Die Förderung der Talente dürfte eine Spielklasse darunter erschwert werden. Bislang konnten externe Talente vor allem mit der Spielzeit in der 2. Liga gelockt werden. Die Verpflichtungen solcher für den FC Red Bull Salzburg oder die Red Bull Fußball Akademie könnten in der Folge bis zum Wiederaufstieg zumindest kurzfristig ausbleiben.

Gegensätzlich zum bisherigen Abschneiden in der 2. Liga stehen die gezeigten Leistungen in der UEFA Youth League. Die dort auflaufende FC Salzburg U19 wird fast ausschließlich aus Talenten des FC Liefering gebildet. Nach drei absolvierten Spielen in der Gruppenphase führen die Jungbullen ihre Gruppe mit Benfica Lissabon, Inter Mailand und Real Sociedad souverän an und haben sehr gute Chancen auf das Weiterkommen. Interessanterweise agiert die auch hier von Onur Cinel trainierte Truppe dort in einem flexiblen 4-1-3-2-System und überzeugt mit hohem und intensivem Pressing sowie durch gefälliges Kombinationsspiel.