Jürgen Klopp wird Head of Global Soccer bei Red Bull. Das sorgte für zahlreiche Reaktionen in der Fußball-Öffentlichkeit. In Salzburg kamen damit aber auch einige Fragen auf. Die Beantwortung dieser bleibt zunächst offen. Ein Kommentar:
Die Katze ist aus dem Sack. Mit 1. Jänner 2025 nimmt Jürgen Klopp offiziell seine Arbeit als Head of Global Soccer bei Red Bull auf.
Es war eine Meldung, die international für viel Wirbel sorgte und just zwei Tage nach einer Krisensitzung des FC Red Bull Salzburg vom Energydrink-Hersteller bestätigt wurde. In der österreichischen Medienlandschaft standen ab Mittwochmorgen nicht mehr Salzburgs krachende Niederlagen in der UEFA Champions League (0:4 gegen Stade Brest) und der Bundesliga (0:5 gegen den SK Sturm Graz) im Zentrum der Aufmerksamkeit. Klopp überstrahlte die kritisch-negative Presse rund um den Klub.
„Völliger Quatsch“ – oder etwa doch nicht?
Es wäre weit hergeholt, zu behaupten, der Klopp-Red-Bull-Deal wurde wegen der Unform des FC Red Bull Salzburg offiziell verkündet. Die einflussreichsten Köpfe in Fuschl finden das Timing in dieser Sache retrospektiv aber wohl nicht ganz so schlecht.
Eine mögliche Zusammenarbeit zwischen Klopp und Red Bull sickerte bereits im Sommer durch. Ein entsprechender Bericht der „Salzburger Nachrichten“ wurde von den „Fuschlern“ damals jedoch als „völliger Quatsch“ abgetan. Und auch jetzt gab es von Oliver Mintzlaff, CEO Corporate Projects und Investments bei Red Bull, ein klares Dementi. Und zwar hinsichtlich der Frage, ob Dietrich Mateschitz Klopp bereits im Jahr 2022 überzeugt haben soll, ein Roter Bulle zu werden. Laut Mintzlaff entbehrt das „jeglicher Grundlage und ist ein Märchen“.
Seit wann Klopp bei Red Bull auf dem Zettel steht und seit wie vielen Wochen alles unter Dach und Fach ist, ist also unklar. So stellt sich auch die Frage: Wie viel hatte der Deutsche mit der Bestellung von Pepijn Lijnders als Cheftrainer des FC Red Bull Salzburg zu tun? Klopp und der Niederländer arbeiteten jahrelang beim FC Liverpool zusammen. Es entwickelte sich eine enge Freundschaft.
Wie Lijnders im Mai dieses Jahres offenbarte, hätten ihn die Salzburger gerne schon im Sommer zuvor, also 2023, zu sich geholt. Und wie die „Sunday Times“ berichtete, dachte Klopp bereits in der Saison 2022/23 über ein vorzeitiges Liverpool-Ende nach. Sprachen Klopp und Lijnders bereits im vergangenen Jahr über ihre künftigen Red-Bull-Engagements?
Das wissen wohl nur die beiden. Fest steht, dass Lijnders seit Mai 2024 offiziell Trainer des FC Red Bull Salzburg ist – und sich in dieser Rolle Ratschläge von Klopp holte. Das verriet der „Bullen“-Coach auf einer Pressekonferenz vor dem UEFA Champions League-Play-off-Rückspiel gegen Dynamo Kyiv.
Wenn man so will, schlitterten die Salzburger trotz der Klopp-Tipps in eine veritable Krise. Auf Krisen wird, zum Beispiel vonseiten der Fans, gerne mit der Forderung nach Veränderungen reagiert. In Salzburg gibt es, so der Eindruck, aktuell aber keine isolierte Baustelle, die mit einer Personalentscheidung, wie einem Trainerwechsel, behoben ist. Es dürften mehrere Löcher geflickt werden müssen.
Red Bull hat ein Wörtchen mitzureden
Das dürfte der Klub und auch Sponsor Red Bull erkannt haben. So nahm an der Krisensitzung im Hangar-7, die einen Tag nach der 0:5-Klatsche in Graz über die Bühne ging, nicht nur die Führungsriege des FC Red Bull Salzburg teil. Neben Trainer Lijnders, Geschäftsführer Stephan Reiter und Sportdirektor Bernhard Seonbuchner saß demnach auch Mario Gomez am Tisch. Der ehemalige Stürmer ist Technischer Direktor bei Red Bull Soccer. Aber Moment: Was hat der Hauptsponsor bei einer Krisensitzung des FC Red Bull Salzburg zu suchen?
Bekanntlich musste der Energydrink-Hersteller seinen Einfluss in Salzburg vor einigen Jahren zurückfahren – damit die Roten Bullen an der Salzach und bei RB Leipzig gleichzeitig an UEFA-Wettbewerben teilnehmen dürfen. Soll heißen: Für die sportlichen Erfolge, aber auch für Schwächephasen in Salzburg, sind allein die Klub-Verantwortlichen rund um Geschäftsführer und Sportdirektor zuständig, oder?
Es wäre ein Trugschluss zu glauben, dass Red Bull nicht in irgendeiner Form in Salzburg mitreden will. Das Unternehmen finanziert immerhin die Red Bull Fußball Akademie – offiziell gehört sie zum FC Liefering – mit Millionensummen.
Seonbuchner muss den Kopf hinhalten
Damit wird es aber auch etwas kompliziert. Es stellt sich zum Beispiel die Frage, wer beim FC Red Bull Salzburg die Transferentscheidungen fällt. Hat Sportdirektor Seonbuchner das letzte Wort oder der Hauptsponsor am Ende immer ein Veto? Wer kann letztlich dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Abgänge von Strahinja Pavlovic und Oumar Solet nicht adäquat aufgefangen wurden, was dem Klub bereits auf den Kopf fiel? Aktuell muss Seonbuchner den Kopf dafür hinhalten. Sein Sportdirektor-Sessel wackelt. Die „Salzburger Nachrichten“ brachten kürzlich Jörg Schmadtke als möglichen Nachfolger ins Gespräch – ein weiterer Klopp-Vertrauter.
Das sind aber nicht die einzigen Fragezeichen. Wurde bzw. wird die Verstrickung zwischen dem FC Red Bull Salzburg und seinem Hauptsponsor wieder enger? Wie findet das die UEFA?
In den vergangenen Jahren ergab sich eigentlich der Eindruck, als hätte Sportdirektor Christoph Freund und nicht Red Bull beim FC Red Bull Salzburg das Sagen. Es war eine durchaus erfolgreiche Zeit, mit einigen UEFA Champions League-Teilnahmen in Folge. Und Transfers zu RB Leipzig gab es auch: Man denke an Nicolas Seiwald, Benjamin Sesko oder Dominik Szoboszlai. Das kann Red Bull ja gar nicht so schlecht gefunden haben.
In welche Richtung steuert der FC Red Bull Salzburg?
Eine weitere große Frage: Welche Aufgaben übernimmt Klopp mit Beginn des neuen Jahres eigentlich genau? Red Bull schreibt: „In einer übergeordneten strategischen Position unterstützt er künftig die sportlich Verantwortlichen bei der Weiterentwicklung der Red Bull-Spielphilosophie, ohne aber ins Tagesgeschäft einzugreifen.“ In der „Kronen Zeitung“ ist zu lesen, dass Klopp in Leipzig und Salzburg lediglich beratend tätig sein soll, wohingegen er in Brasilien, Japan oder den USA größeren Einfluss nehmen dürfe.
FC Red Bull Salzburg-Trainer Lijnders holte sich, nach eigener Aussage, bereits Ratschläge von Klopp. Griff der Deutsche damit nicht ins Tagesgeschäft des österreichischen Bundesligisten ein? Es ist schwer zu glauben, dass sich Klopp in Österreich oder Deutschland, also in der Fußball-Region, in der er jahrelang tätig war und über zahlreiche Kontakte verfügt, mit seinen Meinungen eher zurückhalten wird. Der Ex-LFC-Coach kennt RB Leipzig-Trainer Marco Rose ganz gut. Bei den New York Red Bulls sitzt mit Sandro Schwarz (seit Ende 2023) ebenfalls ein für Klopp bekanntes Gesicht auf der Trainerbank.
Viele Fragen sind also noch offen. Nach seinem Dienstantritt Anfang des nächsten Jahres soll Klopp im Rahmen einer Pressekonferenz offiziell in seiner neuen Position vorgestellt werden. Eine Gelegenheit, Fragen zu stellen und diese beantwortet zu bekommen. Bis dahin wird Klopp wohl im Hintergrund werken.
In welche Richtung es für den FC Red Bull Salzburg künftig gehen wird, ist aktuell noch nicht abzusehen.