Der FC Red Bull Salzburg zeigte zum Auftakt der UEFA Champions League die bis dato schlechteste Leistung jemals auf der größten internationalen Bühne. Ein Kommentar zur krachenden Niederlage beim AC Sparta Prag.
Die Ambitionen des FC Red Bull Salzburg in der UEFA Champions League haben bereits am ersten Spieltag einen erheblichen Rückschlag erlitten. Beim AC Sparta Prag zeigten sich die Roten Bullen chancenlos und unterlagen schlussendlich verdient mit 0:3. Die Mannschaft von Trainer Pep Lijnders hatte phasenweise sogar Glück, dass die Tschechen das Ergebnis nicht noch höher zu ihren Gunsten gestalteten. Dabei galten die Prager als eines der nominell schlechtesten Teams, mit dem es die Salzburger in der CL-Ligaphase zu tun bekommen. Für Sparta war es nach 19 Jahren Abstinenz die Rückkehr auf die größte internationale Bühne.
Lijnders wollte mit gleich vier personellen Überraschungen in der Startelf bei den Gastgebern für Verwunderung sorgen. Hendry Blank, John Mellberg, Stefan Bajcetic und Bobby Clark rückten in die Anfangsformation. Viele Außenstehende hatten mit Amar Dedic und Nicolas Capaldo als Außenverteidiger-Duo gerechnet. Letzterer sollte allerdings Mads Bidstrup mit seiner Laufstärke und seinem Pressingvermögen im zentralen Mittelfeld ersetzen. Dafür rückte Mellberg nach links hinten. Der Schwede begeisterte nach seiner starken Sommervorbereitung bei seinem Pflichtspieldebüt am zweiten Spieltag der Bundesliga gegen den FC Blau-Weiß Linz. Gegen AC Sparta Prag konnte der 18-Jährige daran nicht anknüpfen.
Talent Hendry Blank ersetzte den etablierten Samson Baidoo
Linksfuß Mellberg agierte in seiner Ausrichtung etwas offensiver als bei seiner Bundesliga-Feuertaufe. In Prag konnte er jedoch keine Akzente setzen. Defensiv war Mellberg des Öfteren einen Schritt zu spät und nicht immer sattelfest. Stark Gelb-gefährdet wurde der Youngster zur Pause herausgenommen. Spannend: Im nachfolgenden Bundesliga-Spiel gegen die WSG Tirol am Sonntag stand der Schwede nicht einmal mehr im Kader, sondern lief stattdessen wieder beim Kooperationspartner FC Liefering in der 2. Liga auf.
Mit der Auswechslung Mellbergs wagte Lijnders das nächste Experiment. Dedic wechselte auf die linke Seite. Rechts hinten verteidigte fortan Mamady Diambou. Für den malischen Mittelfeldspieler war es der erste Einsatz als Rechtsverteidiger. Dieses Wagnis in einem solch bedeutsamen Spiel ging ebenfalls nicht auf, auch wenn der 21-Jährige mit seiner Dynamik und Laufstärke für diese Position durchaus geeignet wäre.
In der Innenverteidigung agierte überraschend Hendry Blank. Der 20-Jährige war zu Saisonbeginn gesetzt gewesen, konnte allerdings nicht vollends überzeugen und fiel im Anschluss verletzungsbedingt aus. Sein Startelf-Comeback gegen AC Sparta Prag sorgte für Verwunderung. Schließlich hatte Lijnders wenige Tage vor dem Duell mit den Tschechen auf der Pressekonferenz zum Bundesliga-Match gegen Austria Klagenfurt, das witterungsbedingt abgesagt worden war, erklärt, dass der Deutsche noch immer nicht ganz fit sei. Dafür nahm ÖFB-Nationalspieler Samson Baidoo zum UEFA Champions League-Auftakt auf der Bank Platz.
Stefan Bajcetic und Bobby Clark gaben direkt ihr Debüt
Auch Blank erwischte gegen AC Sparta Prag nicht seinen besten Arbeitstag. Der Innenverteidiger wirkte bei seinem Königsklassen-Debüt sehr nervös und brachte Schlussmann Janis Blaswich mehrfach mit spät getimten oder riskanten Rückpässen unter Bedrängnis.
Zu Beginn agierten Stefan Bajcetic und Bobby Clark neben Capaldo im zentralen Mittelfeld. Mit dem Duo in der Startaufstellung hatten nur die wenigsten gerechnet. Bajcetic und Clark waren erst kürzlich aus Liverpool verpflichtet worden und gaben gegen AC Sparta Prag direkt ihre Debüts. Während Bajcetic sein Potenzial aufblitzen ließ und im Mittelfeld die Fäden zog, blieb Clark blass. Ersterer gewann die meisten Zweikämpfe auf dem Platz. Vor allem die Aufstellung von Clark überraschte. Er verpasste einen Großteil der Vorbereitung der „Reds“ und war, wie Lijnders auf der Pressekonferenz vor dem schlussendlich abgesagten Spiel gegen SK Austria Klagenfurt ausgeführt hatte, noch nicht ganz matchfit.
Pep Lijnders verzichtete auch auf Mittelfeld-Anker Lucas Gourna-Douath
Für Bajcetic musste Lucas Gourna-Douath weichen. Dabei war die Leistungskurve des Rekord-Neuzugangs des FC Red Bull Salzburg unter Lijnders, obwohl der Franzose fast die ganze Vorbereitung verletzungsbedingt verpasst hatte, endlich nach oben gegangen. Bereits in den vergangenen Partien hatte sich angedeutet, dass der Defensiv-Verbund der Roten Bullen ohne den 21-Jährigen deutlich anfälliger und weniger strukturiert ist. Das Fehlen von Gourna-Douath machte sich von Minute eins an auch gegen AC Sparta Prag bemerkbar.
Die fehlende Eingespieltheit war von Beginn an zu sehen. Nach nicht einmal zwei Minuten ging Sparta in Führung. Kaan Kairinen durfte nach einer Parade von Blaswich frei stehend einschieben. Auch in der Folge kam der FC Red Bull Salzburg in keiner Phase in die Partie. Im Mittelfeld erhielten die Roten Bullen keinen Zugriff auf das Spielgeschehen und die Gegenspieler. Das Fehlen von Bidstrup und Maurits Kjaergaard machte sich stark bemerkbar. Das Trio in der Offensive war völlig abgemeldet. Dorgeles Nene & Co. brachten in den ganzen 90 Minuten nur einen Schuss auf das Tor zustande und erspielten sich keine einzige Großchance heraus.
Defensive wirkte vollkommen verunsichert
Im Besonderen defensiv war der FC Red Bull Salzburg völlig von der Rolle. Keiner der Defensivakteure kam in die Zweikämpfe. Teilweise agierte die Mannschaft zu langsam und leichtsinnig. Sinnbildlich dafür war Amar Dedic. Der Bosnier drängte im Sommer auf den nächsten Karriereschritt. Gegen AC Sparta Prag gab der Rechtsverteidiger allerdings kein Bewerbungsschreiben für die Topklubs aus den besten fünf Ligen Europas ab. Der Führungsspieler wirkte schläfrig. Mehrfach schaltete Dedic bei einem Anspiel zu spät und sorgte somit für unnötige Ballverluste in der eigenen Zone.
Auch Innenverteidiger Kamil Piatkowski und Torhüter Janis Blaswich, zwei der erfahrensten Spieler, strahlten keine Sicherheit aus. Piatkowski gehörte bislang zu den größten positiven Überraschungen in dieser Spielzeit und war von den Fans zum Spieler des Monats August gewählt worden. Das 0:2 kurz vor der Pause resultierte aus einem eigentlich ungefährlichen Ball hinter die Kette. Beim dritten Gegentreffer verlor Piatkowski durch ein unnötiges Dribbling als letzter Mann den Ball. Damit war die Partie endgültig entschieden.
Neu-Kapitän Janis Blaswich bringt keine Ruhe rein
Blaswich, der bereits seit seiner Ernennung zum Kapitän – als Leihspieler von RB Leipzig – bei vielen Fans angezählt ist, konnte bisher nicht zeigen, dass er eine sportliche Verstärkung ist. Der Keeper offenbarte einmal mehr Schwächen bei hohen Bällen vor das Tor sowie spielerische Defizite. Nur vier von 17 langen Bällen brachte der Routinier an den Mitspieler. Beim zweiten Gegentor sah Blaswich unglücklich aus.
Zu Saisonbeginn begeisterte die Mannschaft von Lijnders endlich wieder mit Red-Bull-typischem Fußball und Offensiv-Feuerwerken. Davon ist inzwischen nicht mehr viel übrig und das Team, bei dem ein personeller Umbruch trotz der verkorksten letzten Saison ohne Titel ausblieb, teilweise wieder in alten Mustern angekommen.
Dieser Rückfall hatte sich allerdings schon länger in einer gewissen Weise angedeutet. Trotz des starken Saisonstarts ohne Niederlage mit sechs Siegen aus den ersten acht Pflichtspielen war bereits zu erkennen: Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
FC Red Bull Salzburg verzichtete auf Verstärkungen
Der FC Red Bull Salzburg zog zwar verdient in die UEFA Champions League ein, doch bereits in den vier Duellen der Qualifikation gegen den FC Twente Enschede und Dynamo Kyiv zeigte die Lijnders-Truppe, dass sie im Besonderen in der Defensive verwundbar ist. Der letztendlich relativ souveräne Einzug in die europäische Elite ist vordergründig der Unfähigkeit der niederländischen und ukrainischen Konkurrenten im Torabschluss zu verdanken.
Eine Reaktion auf dem Transfermarkt auf die eigene defensive Anfälligkeit blieb aus. Stattdessen setzen Sportdirektor Bernhard Seonbuchner und sein Team auf den scheinbar eigentlich bereits ausgemusterten Piatkowski und Baidoo, der seine erste Saison als richtiger Stammspieler bestreitet, aber nach seiner längeren Verletzungspause in der Vorsaison seinem Potenzial noch hinterherläuft. Die Backups bilden ausschließlich Talente ohne Erfahrung auf höherem Niveau. Auch in der Offensive verzichtete die sportliche Leitung auf einen adäquaten Ersatz für Karim Konate, der sich zu Saisonbeginn verletzt hatte. Die Alternativen überzeugten auf gehobener europäischer Bühne bislang aus verschiedenen Gründen entweder nur teilweise oder gar nicht.
Negativlauf des FC Red Bull Salzburg geht weiter
Die durchaus verdiente Niederlage beim SK Rapid vor dem Duell mit AC Sparta Prag war ein nächstes Warnsignal und die Pleite in Tschechien der bislang schlechteste UEFA Champions League-Auftritt in der Vereinsgeschichte. Diesen Misserfolg in der tschechischen Hauptstadt hat vor allem Lijnders zu verantworten. Die personellen Umstellungen bei seinem Cheftrainer-Debüt im höchsten europäischen Klubwettbewerb gingen allesamt nach hinten los. Die Aufstellung war zu wenig erfahren, zu riskant und zu wenig eingespielt.
Die Formkurve zeigt nach der enttäuschenden Nullnummer gegen Bundesliga-Kellerkind WSG Tirol am Sonntag weiter drastisch nach unten. Die Roten Bullen sind mittlerweile schon seit wettbewerbsübergreifend vier Pflichtspielen ohne Sieg und seit mehr als 180 Minuten ohne eigenen Treffer. Viel Arbeit wartet folglich auf das Team von Lijnders. Viel Zeit bleibt vor den nächsten richtungsweisenden Wochen jedoch nicht. Denn im Kampf um das europäische Überwintern stehen die Salzburger nun bereits nach dem ersten Spieltag gehörig unter Druck und auch in der Liga laufen die Roten Bullen der Konkurrenz erst einmal hinterher. Das Training, bekanntlich der beste Freund des Niederländers, wird es also einmal mehr richten müssen.
Mehr als ein Warnsignal – FC Red Bull Salzburg chancenlos gegen AC Sparta Prag