Der FC Red Bull Salzburg holte mit Maximiliano Caufriez einen erfahrenen Innenverteidiger und damit ein Profil, das vakant war. Dennoch machte sich nach der Verpflichtung des Belgiers schnell Skepsis breit. Aber warum eigentlich?
„Maximiliano ist genau der Innenverteidiger, den wir gesucht haben“, sagte FC Red Bull Salzburgs Geschäftsführer Sport Rouven Schröder in einem vereinseigenen Video über seine neueste Verpflichtung. Der 27-jährige Caufriez, der bis zum Sommer von Clermont Foot 63 ausgeliehen wurde, bringt mit, was der „Bullen“-Defensive seit dem vergangenen Sommer fehlt: altersbedingte Routine. Nach dem wahrscheinlichen Abgang von Kamil Piatkowski – der 24-jährige Pole dürfte vor einem Wechsel zum türkischen Erstligisten Kasimpasa stehen – wären Samson Baidoo und Hendry Blank (jeweils 20 Jahre alt) die „ältesten“ Innenverteidiger im Salzburger Kader gewesen. Der 21-jährige Bryan Okoh spielt beim entthronten Serienmeister aktuell keine Rolle. Aus diesem Blickwinkel ergibt die Caufriez-Verpflichtung definitiv Sinn.
Caufriez, ein 1,89 Meter großer Rechtsfuß, hatte in der Jugend des RSC Anderlecht gespielt und einige Jahre Erfahrung in der ersten belgischen Liga gesammelt, ehe er im Alter von 24 Jahren für kolportierte 2,5 Millionen Euro zu Spartak Moskau wechselte. Vor dem Transfer nach Russland ist dem Abwehrakteur allerdings ein Missgeschick passiert: Im Saison-Endspurt 2020/21 verletzte sich Caufriez beim Rasenmähen schwer am linken Fuß und musste notoperiert werden. Für seinen damaligen Klub VV St. Truiden absolvierte er nach dem Unfall in der neuen Spielzeit 2021/22 noch fünf Ligaspiele, dann ging es zu Spartak Moskau.
Oft über der Grenze
In der russischen Hauptstadt herrschte rund um die Ankunft des ehemaligen belgischen U21-Nationalspielers „große Begeisterung“, wie Anna Konovalova gegenüber VICTAURI.at berichtet. Es war ein Transfer, der „in das damalige Konzept der Kaderplanung passte, [er war] ein relativ junger Spieler aus einer guten europäischen Liga, ein Stammspieler bei seinem vorherigen Verein, ein Spieler mit Vielseitigkeit für verschiedene Positionen, die verstärkt werden mussten“, so die Fußball-Analystin und freiberufliche Journalistin.
Die Stimmung bei Spartak Moskau sei jedoch schnell umgeschlagen. „Er erhielt sofort den Ruf eines sehr rabiaten und aggressiven – und das nicht im besten Sinne – Verteidigers, der bei jeder sich bietenden Gelegenheit unnötige Fouls, Karten und Platzverweise sammelte“, erinnert sich Konovalova. Caufriez absolvierte 26 Pflichtspiele für den russischen Erstligisten und sah zweimal Gelb-Rot sowie einmal Rot. Durchschnittlich flog er also in rund jedem neunten Spiel vom Feld. Im September 2021, bei Spartaks UEFA Europa League-Auswärtsspiel gegen die SSC Napoli, stoppte Caufriez dafür in der Schlussphase einen gefährlichen Angriff der Italiener. Der Belgier sah seine zweite Gelbe und musste vom Feld, ebnete damit aber gleichzeitig den Weg zum spektakulären 3:2-Erfolg der Russen.
In Moskau kam Caufriez unter zwei verschiedenen Trainern zum Einsatz und gab als rechter Halbverteidiger in einer Dreierkette die beste Figur ab. Die Rechtsverteidiger-Position in einer Viererkette sei ihm nicht gelegen, meint Konovalova.
Bei Clermont Fuß gefasst
Nach einem Jahr in Russland kehrte Caufriez in etwas vertrautere Gefilde zurück und wechselte per Leihe in die Ligue 1 zu Clermont Foot 63. Dort war der Innenverteidiger von Beginn an gesetzt. Am vorletzten Spieltag der Saison 2022/23 erzielte er gegen den FC Lorient sein bis dato letztes Tor.
Caufriez stieg in der Auvergne zum Fan-Liebling auf und die Franzosen verpflichteten den Abwehrmann in der Folge für kolportierte 3,5 Millionen Euro fest. „Dank seiner taktischen Intelligenz [und] seiner Fähigkeit, die Bewegungen des Gegners zu antizipieren […] wird Maximiliano zweifellos ein wichtiger Bestandteil des Kaders sein, auf den sich die jungen Spieler stützen können“, hielt der Klub im Juli 2023 in einer Aussendung fest.
Die zweite Clermont-Saison verlief für Caufriez allerdings nicht so positiv wie die erste. Zu Beginn der Spielzeit 2023/24 fiel der Innenverteidiger verletzt aus. Im weiteren Verlauf der Saison fehlte er immer mal wieder im Kader. Darüber hinaus flog er zweimal mit glatt Rot vom Feld und stieg am Ende mit Clermont Foot 63 in die Ligue 2 ab.
„Fichaje random“
Kurz vor dem Ende des Sommer-Transferfensters 2024 fand Caufriez einen neuen Klub: Der Belgier schloss sich per Leihe Valencia CF an. Bei den Spaniern standen damals mit Yarek Gasiorowski, Cristhian Mosquera und Cesar Tarrega drei junge Innenverteidiger im Kader. Der damals 27-jährige Mouctar Diakhaby war verletzt. „Valencia musste einen Innenverteidiger verpflichten“, sagt Conrado Valle, Journalist bei der spanischen Sportzeitung „AS“, gegenüber VICTAURI.at.
Der erste Eindruck war nicht der beste. Caufriez soll mit dem einen oder anderen Kilo zu viel sowie einer Verletzung zu den „Blanquinegres“ gestoßen sein. „In den ersten Wochen war er körperlich nicht in Form“, erklärt Valle. Doch auch nach der Anfangszeit konnte der Belgier bei den Spaniern nicht Fuß fassen. Valle: „Sowohl Ruben Baraja als auch Carlos Corberan (Corberan löste Baraja Ende Dezember als Valencia-Cheftrainer ab, Anm.) zogen andere Spieler vor. Theoretisch war Caufriez nach Valencia gekommen, um der Abwehr Erfahrung zu verleihen, aber die jungen Spieler haben Tag für Tag gezeigt, dass sie besser sind.“
Am Ende absolvierte Caufriez nur ein Spiel in La Liga. Auswärts gegen den FC Getafe habe er „ohne Komplikationen“ verteidigt, meint Valle. In der Schlussphase der Partie unterlief dem 27-Jährigen jedoch ein Handspiel im Sechzehner. Getafe glich per Elfmeter zum 1:1 aus. Caufriez fiel in der Folge aus dem Valencia-Kader und kam auch nicht in der Copa del Rey gegen unterklassige Gegner zum Einsatz. Im gesamten Jahr 2024 absolvierte der Innenverteidiger damit lediglich elf Pflichtpartien (für Clermont Foot 63 und Valencia CF). Über Caufriez‘ Stärken und Schwächen könne Valle demnach nicht viel sagen: „Ich kenne sie nicht. Und ich bezweifle, dass Ihnen jemand in Valencia eine Antwort geben kann.“
Am Ende hat es laut Valle zwei Gründe für die Auflösung der Leihe gegeben: Zum einen habe Trainer Corberan nicht mehr mit Caufriez geplant. Zum anderen wollten die Spanier einen Spot freibekommen, um etwaige Winter-Neuzugänge zu registrieren. Seit Sommer 2024 dürfen Klubs laut den FIFA-Regularien nur mehr sechs Spieler ausleihen. Valencia CF war inklusive Caufriez bereits bei der Höchstgrenze. Valle schrieb in seinem „AS“-Artikel über Caufriez von einer „fichaje random“, einer „zufälligen Verpflichtung“.
Skepsis
Im kommenden Halbjahr läuft Caufriez nun also per Leihe für den FC Red Bull Salzburg auf. Wie Stammverein Clermont Foot 63 in einer Aussendung bekannt gab, besitzen die „Bullen“ eine Kaufoption für den Belgier.
Beide, Konovalova und Valle, betrachten das Leihgeschäft mit Skepsis. Konovalova hebt hervor, dass Caufriez bei Spartak Moskau als rechter Halbverteidiger in einer Dreierkette am besten aussah – FC Red Bull Salzburg-Trainer Thomas Letsch setzte bislang jedoch auf eine Viererkette. Für Konovalova kam der Wechsel demnach überraschend, so auch für Valle: „Wir sprechen (beim FC Red Bull Salzburg, Anm.) von einer Mannschaft, die in der UEFA Champions League spielt und die sich mit einem Spieler verstärkt hat, der nur ein einziges Spiel für Valencia CF, das in der unteren Tabellenhälfte steht, gemacht hat.“
Vom Abstellgleis bei einem Abstiegskandidaten zu einem Stammplatz bei einem „Königsklassen“-Klub – Maximiliano Caufriez hat die Chance, diesen Sprung zu schaffen.
Meinung aus der VICTAURI.at-Redaktion
In den vergangenen Wochen hat Salzburgs Geschäftsführer Sport Schröder betont, dass etwaige Neuzugänge besser sein müssen als die Spieler, die bereits im Klub sind. Zudem seien Spieler gesucht, die sich mit dem Klub identifizieren. Nun hat Caufriez in der Hinrunde lediglich ein Spiel absolviert und kam per Leihe. „Maximiliano ist genau der Innenverteidiger, den wir gesucht haben“, sagte Schröder über den Belgier und fügte hinzu: „Das ist das Puzzleteil, das wir uns in der Defensive noch gewünscht haben.“ Warum wurde Caufriez dann nicht fest verpflichtet?
„Er hat jetzt natürlich nicht den extremsten Rhythmus. Aber das ist klar: Einen Spieler zu bekommen, der jetzt jedes Spiel bei einem Top-Verein spielt, ist einfach nicht möglich. Aber wir sind überzeugt davon, dass er uns schnell und kurzfristig helfen kann“, sagte Thomas Letsch bei der Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen Atletico Madrid. Es klingt, als sei sich der Klub bewusst gewesen, dass mit der Caufriez-Verpflichtung nicht ins oberste Regal gegriffen wird. Vor allem, wenn man an die Gerüchte rund um Stefan Posch, Gernot Trauner oder Maximilian Wöber denkt. Dennoch haben sich die Salzburger für die Leihe entschieden, um einen bedeutsamen Punkt – der Innenverteidigung Erfahrung zuzuführen – abhaken zu können – so wirkt es zumindest.
Gleichzeitig machte das junge Innenverteidiger-Duo Baidoo & Blank gegen Real Madrid einen ganz guten Eindruck. Die Caufriez-Leihe könnte für einen der beiden einen Bankplatz bedeuten, was für die Entwicklung nicht förderlich wäre. Apropos Entwicklung: Der 18-jährige Joane Gadou, der für zehn Millionen Euro von Paris Saint-Germain geholt wurde, sollte ebenfalls zu Minuten kommen.
Es gilt aber auf alle Fälle festzuhalten, dass der FC Red Bull Salzburg mit der Leihe von Caufriez kein großes Risiko eingeht. Sollte der Belgier nicht überzeugen, kehrt er zu seinem Stammverein zurück. Für den Fall, dass er groß aufspielt, sind die „Bullen“ mit einer Kaufoption gewappnet. Caufriez bringt Erfahrung aus der Ligue 1 und dem Europacup mit. Zudem spricht er Französisch, womit er als Ansprechpartner für die jungen französischsprachigen Spieler im Kader des FC Red Bull Salzburg fungieren kann. Eine gewisse Skepsis in Bezug auf die Leihe ist womöglich berechtigt, dennoch muss Caufriez eine faire Chance erhalten.