Fabio Ingolitsch und der FC Liefering trennen sich zur neuen Spielzeit. VICTAURI.at hat sich die Entwicklung der letzten Monate einmal genauer angeschaut.

Am Montag gab der FC Liefering bekannt, dass Fabio Ingolitsch zur neuen Saison nicht mehr Trainer des Kooperationspartners des FC Red Bull Salzburg sein wird. Die Nachricht kommt überraschend, gleichzeitig aber auch nicht. Liefering-Geschäftsführer Manfred Pamminger hatte Ingolitsch nur wenige Tage zuvor noch eine Jobgarantie ausgesprochen. Sportlich ist die Entscheidung nach der sehr enttäuschenden Spielzeit absolut nachzuvollziehen.

Ingolitsch konnte die Talfahrt, die unter Vorgänger Rene Aufhauser in der Rückrunde der Saison 2021/2022 begonnen hatte, nicht stoppen, sondern führte diese sogar weiter. Am Ende der Spielzeit 2022/2023 steht Platz neun zu Buche. Dies wirkt auf den ersten Blick zufriedenstellend. Die Wahrheit dahinter ist jedoch, dass der Vorsprung auf die Abstiegsplätze nur fünf Punkte beträgt. Der Klassenerhalt konnte erst am vorletzten Spieltag fixiert werden, und dies auch nur durch freundliche Mithilfe der Konkurrenz. Der FC Liefering selbst verlor gleichzeitig sein Kellerduell beim SK Sturm Graz II, und das, obwohl die Ingolitsch-Truppe in absoluter Bestbesetzung, darunter mit Karim Konate sowie Samson Baidoo, die zuletzt öfter beim FC Red Bull Salzburg zum Einsatz gekommen waren, antrat. Die Grazer wären ohne diesen Dreier abgestiegen.

Abwehr fehleranfällig – offensiv eine One-Man-Show

Mit einem 5:0-Kantersieg gegen den Letzten, die Young Violets Austria Wien, wurde in der abschließenden Runde wenigstens ein versöhnlicher Saisonabschluss geschafft. Auch dieser rettete Ingolitsch nicht seinen Job. 15 der 30 Spiele gingen verloren, nur elf wurden gewonnen. Zum Vergleich: Letzte Saison waren es acht Niederlagen. Der 32-Jährige schaffte es trotz Spielern wie Baidoo, Okoh, Wallner und Ibertsberger, alle mit Profiverträgen beim FC Red Bull Salzburg ausgestattet, nicht, die Defensive zu stabilisieren. Im Mittelfeld fehlte zudem oft der Zugriff. 54 Gegentore sind der viertschlechteste Wert ligaweit.

52 eigene Tore sind gleichzeitig aber zumindest die zweitmeisten in der 2. Liga. Den größten Anteil daran hat Konate, der vor der Saison für über drei Millionen Euro von der Elfenbeinküste von ASEC Mimosas gekommen war, und sich in der Schlussphase zum Edeljoker beim FC Red Bull Salzburg entwickelte. Das afrikanische Top-Sturmtalent erzielte in 18 Partien 15 Treffer und bereitete drei weitere vor. Da der 19-Jährige immer öfter beim österreichischen Serienmeister zum Einsatz kam, fehlte dem FC Liefering ein echter Torjäger. Die eigenen Talente, Elias Havel und Luka Reischl sowie Konates Landsmann Oumar Diakite, konnten diese Erwartung nur bedingt erfüllen.

Schlechteste Saison seit 2018/2019

Statistisch gesehen stand Liefering seit der Aufstockung der Liga auf 16 Mannschaften nur in der Saison 2018/2019 schlechter da. Zwischen 2016 und 2018 belegte man die Plätze zwei bis drei und spielte sogar um die Meisterschaft mit.

Auch in der UEFA Youth League agierte die FC Salzburg U19 mit Ingolitsch als Chef weniger souverän als in den letzten Jahren. In einer durchaus schweren Gruppe mit dem FC Chelsea, AC Milan und GNK Dinamo Zagreb schaffte man den Sprung aus der Gruppenphase heraus nur, weil die kroatische Konkurrenz überraschend gepatzt hatte. In der Zwischenrunde gegen die BSC Young Boys Bern entgingen die Salzburger einem Aus nur knapp, als ein 0:2 in der Schlussphase durch drei individuelle Aktionen gedreht werden konnte. Im Achtelfinale gegen Real Madrid war dann aber verdient Schluss. Mit sechs Toren und zwei Assists in sieben Spielen hatte auch hier Konate maßgeblichen Anteil am Abschneiden des Nachwuchses der Roten Bullen.

Enttäuschende Saison trotz individueller Klasse

Von außen betrachtet ist Ingolitschs Rolle bei der negativen Entwicklung im letzten Jahr nur schwer zu beurteilen. Fakt ist jedoch, dass er als Trainer hauptverantwortlich dafür ist. Mit einem der teuersten Kader, und sicherlich dem talentiertesten, verlief die Saison sehr enttäuschend. Den negativen Höhepunkt gab es zum Anfang der Saison mit fünf Niederlagen in Folge, darunter eine 0:6-Heimklatsche gegen Fast-Absteiger FC Dornbirn 1913. Im Jahr 2023 konnte sich das Team zwar steigern und liegt in der Jahrestabelle auf Platz fünf. Insgesamt war der Saisonverlauf jedoch weiter zu inkonstant.

Defensiv und im Mittelfeld präsentierte sich das Team anfällig. Offensiv zogen sich die schlechte Chancenverwertung sowie individuelle Fehler in allen Mannschaftsteilen durch die ganze Saison und alle Wettbewerbe. Auch spielerisch enttäuschte der FC Liefering die Zuschauer oft. Das Team war sehr unerfahren. Zudem sahen Außenstehende weniger Potenzial im Team und trauten weniger Spielern als in den Vorjahren mittelfristig den Sprung zum FC Red Bull Salzburg zu. Der nächste Schritt bei vielen Talenten, wie Lukas Wallner, Tolgahan Sahin, Elias Havel und Luka Reischl, blieb aus. Mit Samson Baidoo, Lawrence Agyekum, Dijon Kameri und Karim Konate kamen jedoch mehrere Akteure aus dem Liefering-Kader öfter beim FC Red Bull Salzburg zum Einsatz. Ihr Fehlen machte sich gleichzeitig aber stark bemerkbar.

Jugendförderung dank Ingolitsch

Zeteny Jano entwickelte sich unter Ingolitsch zu einem der hoffnungsvollsten Talente des Teams und Lukas Ibertsberger sowie Raphael Hofer, beide vor der Saison als zwei der am wenigsten talentierten Spieler eingeschätzt, spielten sich ins Blickfeld des Kooperationspartners und erhielten beim Team von Matthias Jaissle Profiverträge. Mit Phillip Verhounig und Oliver Lukic hat Ingolitsch zwei Talente aus dem Jungjahrgang der U18 in der Saisonschlussphase trotz der prekären Tabellensituation fest zum FC Liefering hochgezogen und auch Spielzeit gegeben. Insgesamt war das Team sehr jung. Zahlreiche Spieler, die eigentlich noch zum Kader der U18 der Red Bull Fußball Akademie gehören, kamen zum Einsatz. Beinahe alle Akteure wären noch für diese Mannschaft spielberechtigt gewesen. Mit Mark Gevorgyan war einer davon, nach dem Kreuzbandriss von Benjamin Atiabou zu Saisonbeginn, sogar gesetzt.

Frage nach der Zukunft von Ingolitsch stellte sich schon während der Saison

Trotz der sportlichen Enttäuschung kommt die Trennung, die laut Bernhard Seonbuchner in gemeinsamen Gesprächen beschlossen wurde, da sich beide Seiten neu ausrichten wollen, überraschend. Mit Fabio Ingolitsch verliert der FC Liefering das vielleicht größte österreichische Trainertalent. Mit 29 Jahren wurde er zum jüngsten Inhaber der UEFA Pro-Lizenz. In der vergangenen Spielzeit holte er mit der U18 mit einer Rekordsaison die Meisterschaft in der ÖFB-Jugendliga. Zuvor hatte er bereits das Traineramt beim jetzigen Bundesliga-Aufsteiger FC Blau-Weiß Linz ausgeschlagen. Er wollte den Weg bei den Roten Bullen weitergehen, der nun endet.

Nicht wenige hatten ihn in absehbarer Zeit als Trainer beim FC Red Bull Salzburg gesehen. Bereits unter der Saison hatte sich die Frage gestellt, ob der FC Liefering sein Top-Trainertalent hält und dafür eine sportliche Negativentwicklung in Kauf nimmt oder einen neuen Impuls setzt und Ingolitsch dafür verliert. Durchaus überraschend wurde es die zweite Variante. Der scheidende Trainer selbst formulierte die Trennung in seinem Abschiedsstatement auf der vereinseigenen Homepage etwas anders als der Akademieleiter: “Für mich ist es nun an der Zeit, einen neuen Reiz zu setzen und den nächsten Schritt in meiner Entwicklung zu gehen.”

Welche neuen Impulse setzt der FC Liefering?

Die Frage ist nun, wie es mit dem FC Liefering weitergeht. Der Kooperationspartner ist von enormer Bedeutung für den FC Red Bull Salzburg. Beinahe jedes Talent aus dem Profikader machte dort seine ersten Schritte im Erwachsenenbereich. Gleichzeitig wurde das Traineramt beim Zweitligisten in der Vergangenheit ebenfalls als Sprungbrett für viele Trainer, wie Bo Svensson, Matthias Jaissle, Thomas Letsch und Gerhard Struber, genutzt. Nach den sportlich enttäuschenden letzten beiden Jahren gilt es nun, wieder Konstanz hineinzubringen, auch wenn trotzdem mehrere Spieler den Schritt zu den Salzburg-Profis schafften. Die Entwicklung der Toptalente leidet dennoch unter dem schwachen Spielniveau, wenngleich sie dafür stark mitverantwortlich sind und negative Erfahrungen ebenfalls fördernd wirken können.

Für die Nachfolge von Ingolitsch bei Liefering dürfte es mehrere Kandidaten geben. Thomas Sageder wird es zumindest nicht. Der bisherige Co-Trainer und ehemalige Begleiter von Oliver Glasner wird Chefcoach beim LASK. Der “kicker” bringt Sandro Wagner ins Spiel. Der Ex-FC-Bayern-Profi holte mit der SpVgg Unterhaching die Meisterschaft in der Regionalliga Bayern, verlässt den Klub aber nach der Relegation, um eine neue Herausforderung anzugehen. Eine Rückkehr zum deutschen Rekordmeister als U19-Trainer lehnte er ab. Mit seinem neuen Klub soll er sich bereits einig sein. Laut SALZBURG24 wurde Wagner bereits in der Akademie gesehen. Einen Zweitligisten mit hochtalentierten Spielern coachen und gleichzeitig erste Erfahrungen in der UEFA Youth League sammeln, das wäre der passende nächste Step. Die offizielle Bekanntgabe dürfte nach dem Relegationsrückspiel der Spielvereinigung am Sonntag folgen. Passend dazu erklärte Manfred Pamminger gegenüber SALZBURG24, dass der neue Trainer am Ende der Woche vorgestellt werden soll.

VICTAURI.at: Treffen mit Onur Cinel

Nach Informationen von VICTAURI.at führte zuletzt auch eine Spur zu Onur Cinel. Der Co-Trainer von Ralf Rangnick verabschiedete sich von der U17 des FC Schalke 04, ebenfalls, um den nächsten Karriereschritt zu gehen. Der 37-Jährige hatte sich im Rahmen der U19 Champions Trophy in Düsseldorf vor wenigen Wochen mit Verantwortlichen des FC Liefering getroffen. Angebote, zum Beispiel aus Belgien, soll er bereits abgelehnt haben.

Aus dem eigenen Stall würde sich Daniel Beichler anbieten. Der letztjährige U16-Coach holte mit der U18 die Meisterschaft. Die Aufgabe bei Liefering könnte für ihn allerdings zu groß sein. Sein Assistenztrainer Leo Haas coachte unter anderem bereits den SV Wacker Burghausen erfolgreich in der Regionalliga Bayern, bevor er im vergangenen Sommer trotz höherklassiger Angebote überraschend in die zweite Reihe in die Akademie nach Salzburg wechselte.