Eine Saison wie die letzte soll sich beim FC Liefering im besten Fall nicht mehr wiederholen. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Spielzeiten – im Jahr 2021 hätte mit einem Heimsieg gegen den FC Blau-Weiß Linz der Meistertitel fixiert werden können – fanden sich die Jungbullen 2022/23 über weite Strecken in der unteren Tabellenhälfte wieder. Inmitten einer Durstrecke im Herbst des Vorjahres standen die Salzburger zwischenzeitlich sogar auf einem Abstiegsplatz. Spätestens nach dem Wiederanpfiff der Liga im Frühjahr hatte der Klassenerhalt oberste Priorität. Die Zweitklassigkeit des FC Liefering ist auch für den Kooperationspartner FC Red Bull Salzburg essenziell.

Vor dem Start der neuen Saison gingen der Klub und Cheftrainer Fabio Ingolitsch getrennte Wege – und das durchaus überraschend. „Es ist ganz klar der Plan, dass er bleibt“, hatte Manfred Pamminger, Geschäftsführer der Red Bull Fußball Akademie, noch neun Tage vor dem Abgang von Ingolitsch gesagt. Onur Cinel, unter Ralf Rangnick Co-Trainer im österreichischen A-Nationalteam, übernahm die Agenden.

Mit dem langjährigen Nachwuchstrainer des FC Schalke 04 hielt ein neuer und gleichzeitig rauer Wind Einzug. Besonders ersichtlich im Auswärtsspiel gegen den SV Horn, wo die Mikrofone am Spielfeldrand die Worte des 38-Jährigen ungefiltert einfingen. Über den Auftritt seiner Mannschaft zeigte sich Cinel vor allem in der ersten Hälfte alles andere als erfreut. „Wir machen vogelwilde Sachen“, „Nur Sch…-Entscheidungen, ehrlich“, „Der macht mich fertig“ oder „Ich komm gar nicht ins Coaching“, verzweifelte der Trainer an der Seitenlinie zunehmend und traf damit auch bei den Heimfans einen Nerv. „Hoit amoi die Pappn, des gibt’s jo ned“, fuhr ein erregter Horn-Sympathisant aus seiner Haut.

Von der Startelf in die Zuschauerrolle

Cinel hat eine gewisse Erwartungshaltung an seine Spieler. Wird diese nicht erfüllt, bekommen die Jungprofis das knallhart zu spüren. Linksverteidiger Mario Pejazic konnte den Neo-Liefering-Coach gegen Horn nicht überzeugen und wurde kurz vor dem Halbzeitpfiff ausgetauscht. Am darauffolgenden Spieltag stand der ÖFB-Juniorenteamspieler gar nicht erst im Kader.

Das System und die Stammelf haben sich bislang noch nicht ganz herauskristallisiert. Gegen Horn wurde die Vierer-Abwehrkette während des Spiels fast komplett durchgetauscht. Es starteten Pejazic (LV), Zikovic (IV), Mendes (IV) und Atiabou (RV). Am Ende bildeten Schablas (LV), Mellberg (IV), Zikovic (IV) und Gevorgyan (RV) die Defensivreihe.

Das Nachtragsspiel gegen Horn ging schließlich mit 1:2 verloren. Nach dem 0:1 in der ersten Runde gegen den FC Dornbirn setzte es also die zweite Liga-Niederlage. Davor wurden durchaus beachtliche Siege gegen den Titelaspiranten SKN St. Pölten (1:0) und den Aufsteiger Schwarz-Weiß Bregenz (2:1) gefeiert. Zuletzt brachten die Jungbullen gegen Absteiger SV Ried in Unterzahl ein 1:1 über die Zeit. Nach fünf Runden belegt der FC Liefering damit den fünften Rang, mit fünf geschossenen und ebenso vielen erhaltenen Toren.

Verbesserungsbedarf besteht vor allem im Spiel mit dem Ball. Gewisse Abläufe funktionieren noch nicht nach Vorstellung des Trainers. Auf individualtaktischer Ebene ist ebenso Luft nach oben. Darüber hinaus muss es gelingen, die Kräfte effektiv über die vollen 90 Minuten einzuteilen. Gegen den SKN St. Pölten war die Luft, so schien es, bereits nach etwas mehr als 60 Minuten draußen.

Weiters geht momentan ein Unterschiedsspieler ab. In den vergangenen Jahren waren das Dominik Szoboszlai, Junior Adamu, Benjamin Sesko, Karim Adeyemi, Roko Simic, Karim Konate oder Oumar Diakite. Manche der aktuellen Kaderspieler haben das Zeug dazu, müssen aber noch in die Rolle hineinwachsen.

Auffällig ist, dass in diesem Jahr mehr auf Talente aus dem eigenen Nachwuchs und aus Österreich gesetzt wird. Zudem wurde in diesem Sommer kein Spieler aus Afrika verpflichtet – auch nicht beim FC Red Bull Salzburg. Mit Adam Daghim von Aarhus GF soll nach Nicolo Turco, der aus der Jugend von Juventus in die Mozartstadt kam, noch ein weiterer hochtalentierter Offensivspieler kommen.