Unzählige Jugend-Fußballturniere finden jedes Jahr zwischen Vorarlberg und dem Burgenland statt. Der Spaß steht mal mehr, mal weniger im Vordergrund. Bei der Next Generation Trophy geht es schon um sehr viel Prestige.
Jahr für Jahr schicken Spitzenteams aus aller Welt einen Tross hochtalentierter Spieler nach Liefering. Für einige sind es die ersten Eindrücke in Österreich, manche sitzen für die Reise nach Salzburg womöglich sogar zum ersten Mal in einem Flugzeug. Teams wie Yeelen Olympique, Independiente del Valle oder Red Bull New York sorgen für internationalen Flair und machen das Turnier besonders.
Die Spieler stehen auf dem Feld, der Schiedsrichter schaut mit der Pfeife im Mund auf seine Uhr, der Ball rollt – Szenen, die sich auf den heimischen Sportplätzen hunderte, ja tausende Male im Jahr abspielen. So auch bei der Next Generation Trophy. Das macht das Turnier außergewöhnlich gewöhnlich.
Doch nicht alles ist „normal“. Die Spieler werden nicht von ihren Eltern in Autos, in denen viel zu wenig Platz ist, zum Ort des Geschehens kutschiert. Vielmehr reisen die Teams mit Bussen und einem ganzen Betreuerstab an. Einer schießt die Torhüter warm, einer übernimmt das Aufwärmen der Feldspieler, einer ist für Analysen zuständig. Mithilfe von Tablets werden die Spieler auf ihre Einsätze vorbereitet, in der nur fünfminütigen Halbzeitpause werden Szenen analysiert. Das ist außergewöhnlich.
Großer Trubel auf und neben dem Platz
Gewöhnlich jedoch: Eltern, die am Spielfeldrand teils mit mehr Elan als die Jugendlichen auf dem Platz bei der Sache sind. Es wird geklatscht, gejubelt, geschrien und gemeckert. Die Unparteiischen müssen sich nicht nur die Meinungen der Spieler und Betreuer, sondern auch die der Familienangehörigen anhören. Die Spiele von Red Bull Bragantino seien am hitzigsten, hält ein Schiedsrichter-Gespann in der Halbzeitpause einer Partie auf Nachfrage fest. Wenige Momente zuvor ist das Frühstück Thema. Mit zwei Leberkässemmeln und einem Red Bull stärkte sich einer aus dem Trio für den Tag. Du weißt, du bist in Österreich.
Zurück zu den Eltern: Der DFB startete in der Saison 2014/15 in der G- und F-Jugend (Bambini/U7 bzw. U8/U9) mit der „Fair-Play-Liga“. Eine Regel besagt, dass Zuschauerinnen und Zuschauer mindestens drei Meter – empfohlen werden 15 Meter – vom Platz entfernt stehen müssen. In Österreich wurde die Fair-Play-Liga bereits in einigen Landesverbänden getestet. Möglicherweise wären die Abstandsregeln auch für die Next Generation Trophy eine Überlegung wert. Im Viertelfinale zwischen der Red Bull Fußball Akademie und Club Brügge erzürnt die belgischen Eltern besonders der Elfmeterpfiff kurz vor Schluss. Alle Nicht-Belgier trifft der Frust. Es gibt aber auch „stille Unterstützer”. Ein Liverpool-Fanclub aus Österreich feuert die LFC-Talente mit einer großen Zaunfahne, die bei den Spielen der Engländer aufgehängt wird, an.
Die Kicker werden aber nicht nur von ihren Eltern, sondern auch von einem Haufen Scouts oder Berater – auszumachen an der ernsten Miene und einem Notizblock in der Hand – genauestens beobachtet. „Da läuft einer herum, der hat drei, vier Spieler von Red Bull Bragantino“, bekommt man zu hören. Ein Großteil der Zuschauer ist also beruflich vor Ort. Viele Talente-Entdecker kennen sich, manche lernen sich kennen. Für die Manager ist der Sommer mit zahlreichen Jugendturnieren nicht nur wegen des Wetters eine heiße Zeit.
Neben Eltern und Beratern sind zahlreiche Sport-Größen bei der Next Generation Trophy anzutreffen. Ex-Skirennläufer Thomas Sykora – sein Sohn spielt als Torhüter in der Red Bull Fußball Akademie –, Gerhard Struber, Stephan Reiter, Zlatko Junuzovic oder Dominik Kaiser erleben das Treiben mit.
Schöne und unschöne Momente
Für den einen oder anderen geht bei der Next Generation Trophy eine Tür auf. Die Red Bull Fußball Akademie nutzt das Turnier regelmäßig, um ausländische Toptalente zu testen. Nach einer ansprechenden Performance wird im Best Case ein Vertrag vorgelegt. Für viele ist es möglicherweise die einzige Chance, sich ins Rampenlicht zu spielen und damit die eigene Zukunft in eine entscheidende Richtung zu lenken. Das Turnier ist mitnichten eine Spaßveranstaltung.
Der Spaß hört auch auf, als ein Spieler von Liverpool am zweiten Turniertag rassistisch beleidigt wird, was zu einem vorzeitigen Spielabbruch führt. Die „Reds“- und Independiente-Kicker sowie Trainer und Schiedsrichter nehmen daraufhin Anleihen an Colin Kaepernick und setzen vor dem Anpfiff ihrer Begegnung ein wichtiges Zeichen gegen Rassismus. Der Fußball ist voll von schönen und leider auch unschönen Momenten.
Ein freudiges Erlebnis gibt es am Samstag für Red Bull Bragantino. Die Brasilianer krönen sich im Elfmeterschießen zum diesjährigen Sieger der Next Generation Trophy. Es wird gejubelt, wie in der UEFA Champions League. Und das zurecht. Ein besonderer Moment gehört gebührend zelebriert.