Die Roten Bullen bringen Jahr um Jahr Talente aus ihrer Nachwuchsschmiede hervor. Nur auf der Torhüter-Position hapert es seit Anbeginn. Ein Kommentar:

Der FC Red Bull Salzburg stellte sich mit der Ankunft von Coach Pepijn Lijnders im Torhüter-Bereich neu auf. Bereits seit Februar war klar, dass Herbert Ilsanker mit Ablauf der Saison 2023/24 nach insgesamt 19 Jahren als Tormanntrainer aufhören wird. Zudem verließ Sebastian Baumgartner den Klub. Der 37-Jährige stieg erst im Sommer 2022 zum Tormanntrainer des FC Red Bull Salzburg auf und wurde gleichzeitig zum Head of Goalkeeping ernannt. Nun ist er für den deutschen Bundesligisten VfL Bochum tätig.

Fan-Liebling Eddie Gustafsson und Pedro Filipe da Silva Pereira übernehmen fortan das Keeper-Coaching. Gustafsson war zuletzt in der Red Bull Fußball Akademie als Tormanntrainer tätig. Pereira und Lijnders kennen sich von ihrer Zeit beim FC Porto. Der Portugiese kam vom katarischen Erstligisten Al-Sadd SC, wo er zwei Jahre lang die Torhüter anleitete.

Das neue Tormanntrainer-Duo Eddie Gustafsson und Pedro Filipe da Silva Pereira. (c) Andreas Schaad – FC Red Bull Salzburg

Doch nicht nur auf dem Trainer-, sondern auch auf dem Spielersektor tat sich einiges. Timo Horn und Nico Mantl haben den Klub fix verlassen. Mit Janis Blaswich (33) wurde ein erfahrener Schlussmann von RB Leipzig ausgeliehen. Zudem erhielt FC Lieferings Valentin Oelz (19) einen Profivertrag. Diesen hat der 17-jährige Salko Hamzic bereits im vergangenen Februar unterschrieben.

Hamzic, der wie Oelz ebenfalls als Liefering-Kooperationsspieler eingeplant ist, macht die Sommervorbereitung beim FC Red Bull Salzburg mit. Beim Trainingsstart vor rund zwei Wochen bildeten Blaswich, Hamzic und Jonas Krumrey (20) das Torhüter-Trio. Alexander Schlager laboriert aktuell noch an einer Knieverletzung. Nachdem sich Blaswich vor kurzem ebenfalls eine Blessur zugezogen hatte, wurde Oelz zum Training des FC Red Bull Salzburg hinzugenommen.

„Ohne meine Fehler hätten wir das Spiel gewonnen“

Die umfangreichen Personalrochaden deuten auf etwas hin: Die Salzburger Verantwortlichen dürften bestrebt sein, künftig auch Torhüter-Talente selbst auszubilden. Das hat in den vergangenen Jahren nicht funktioniert.

Die Roten Bullen beschränkten sich in den ersten Jahren nach 2005 darauf, Torhüter mit einer gewissen Erfahrung „von außen“ zu verpflichten. Eddie Gustafsson, Alexander Manninger, Timo Ochs, Gerhard Tremmel oder Alexander Walke seien hier zu nennen. Peter Gulacsi war bei seinem Wechsel vom FC Liverpool in die Mozartstadt zwar erst 23 Jahre alt, spielte aber bereits in der dritten und zweiten englischen Liga, galt also nicht mehr als „klassisches Nachwuchstalent“.

Als ein solches wurde hingegen Cican Stankovic im Jahr 2015 vorgestellt. „Wir freuen uns, mit Cican Stankovic eines der begehrtesten österreichischen Nachwuchstalente auf der Torhüter-Position verpflichtet zu haben“, sagte der damalige Sportdirektor Ralf Rangnick. Der Keeper, der vom SV Grödig kam, sollte anfangs jedoch nicht zu vielen Minuten kommen.

„Ohne meine Fehler hätten wir das Spiel gewonnen. Es tut mir leid für das Team“, entschuldigte sich Stankovic nach seinem fünften Pflichtspiel-Einsatz für den FC Red Bull Salzburg. Beim 2:2 gegen die Admira gab der junge Keeper kein Empfehlungsschreiben ab, Trainer Peter Zeidler setzte ihn in der Folge auf die Bank und ließ Alexander Walke ran. Stankovic sollte in der Saison 2015/16 nur fünf Bundesligaspiele absolvieren. Der Start bei den Roten Bullen verlief für den im bosnischen Bijeljina geborenen Schlussmann alles andere als optimal. Am Ende spielte Stankovic dennoch sechs Jahre in Salzburg, ehe wieder etwas Neues probiert wurde.

Im Jänner 2021 gab der FC Red Bull Salzburg die Verpflichtung des 20-jährigen Nico Mantl bekannt. „Der Wechsel nach Salzburg ist ein guter nächster Schritt für mich, weil man in der Vergangenheit oft gesehen hat, welche Möglichkeiten junge Spieler hier haben. Und ich denke, dass auch ich mich hier sehr gut weiterentwickeln kann“, so der Torhüter, der von der SpVgg Unterhaching kam.

Ein halbes Jahr später verlor Mantl gegen Philipp Köhn das Duell um das „Einser-Leiberl“. Köhn war zu diesem Zeitpunkt schon drei Jahre Spieler des FC Red Bull Salzburg. Nachdem er im Sommer 2018 von RB Leipzig an die Salzach gewechselt war, durfte er sich anfangs beim Kooperationspartner FC Liefering beweisen. Danach saß er hinter Cican Stankovic auf der Bank. Es folgte ein leihweiser Wechsel in die zweite Schweizer Liga zum FC Wil 1900, ehe Köhn das Vertrauen geschenkt worden war, welches er mit starken Performances zurückzahlte.

In der Nachbetrachtung wirkt es, als wäre Köhn eher zufällig in die Einser-Rolle, die von Mantl übernommen werden hätte sollen, gerutscht. Für den ehemaligen Unterhaching-Keeper legten die Salzburger immerhin kolportierte zwei Millionen Euro auf den Tisch. Köhn kam laut „transfermarkt“ für 900.000 Euro.

Nico Mantl und Philipp Köhn matchten sich um das „Einser-Leiberl“. (c) Jasmin Walter – FC Red Bull Salzburg via Getty Images

Viele Pläne, die nicht aufgingen

Jedenfalls wurde schnell klar, dass der Schweizer Torhüter früher oder später den nächsten Schritt machen wird. Im Sommer 2023 war es soweit. Köhn wechselte zur AS Monaco.

Noch bevor der Köhn-Abgang offiziell wurde, hatte der FC Red Bull Salzburg den damals 27-jährigen Alexander Schlager vom LASK verpflichtet. Sportdirektor Christoph Freund, der jetzt beim FC Bayern München tätig ist, stellte klar, dass Schlager „mit seiner Erfahrung, seinem Ehrgeiz und seiner Persönlichkeit“ das Torhüter-Team unterstützen soll. Es war eine Rückholaktion, spielte der ÖFB-Teamspieler doch jahrelang im Nachwuchs der Roten Bullen. Schlager wurde bei seiner Rückkehr nach Salzburg jedoch prompt und relativ unmissverständlich das „Zweier-Leiberl angezogen“. Die Mozartstädter versicherten, auch künftig einen jungen Torhüter zwischen die Pfosten stellen zu wollen.

Dann ging Köhn nach Monaco und Mantl konnte sich nicht durchsetzen. Plötzlich hütete Schlager das Tor und machte das zeitweise fantastisch. Für einen Keeper-Wechsel während der Saison gab es keinen Grund – zum Missfallen von Mantl, der sich letzten Winter nach Dänemark verleihen ließ. Gleichzeitig wurde der FC Red Bull Salzburg auf der Torhüter-Position noch älter und holte den damals 30-jährigen Timo Horn für eine Halbsaison.

Es schien, als wäre ein Plan zum wiederholten Male nicht aufgegangen. Stankovic sollte beim FC Red Bull Salzburg wohl zu einem gestandenen Keeper heranreifen und entweder mit Profit verkauft oder für mehrere Jahre zu einem sicheren Rückhalt werden. Laut „transfermarkt“-Daten stagnierte der Marktwert des vierfachen ÖFB-Nationalspielers aber. Am Ende wechselte er für ein kleines Ablöse-Minus nach Griechenland zu AEK Athen. Mit Nico Mantl sollte es besser laufen, der Deutsche konnte jedoch weder gegen Köhn, noch gegen Schlager das „Einser-Leiberl“ behaupten. Zugegebenermaßen erhielt er auch nie die Chance, mehrere Spiele am Stück zu machen. Die Verpflichtung des ehemaligen DFB-U21-Nationalspielers war ein deutliches Minus-Geschäft. Er verließ Salzburg in diesem Sommer fix und schloss sich dem portugiesischen Klub FC Arouca an.

Bis hierhin war zudem nur von externen Verpflichtungen, die nicht wie gewollt zündeten, die Rede. Zahlreiche FC Liefering-Torhüter wie Daniel Antosch, Carlos Coronel, Thomas Dähne, Adam Stejskal, Lawrence Ati Zigi oder UEFA Youth League-Sieger Bartlomiej Zynel schafften den nachhaltigen Sprung zum FC Red Bull Salzburg nicht.

Salko Hamzic: Die große Chance

Auch in der Saison 2024/25 wird beim FC Red Bull Salzburg höchstwahrscheinlich kein „Eigenbau-Keeper“ zwischen den Pfosten stehen. Der 33-jährige Blaswich und der 28-jährige Schlager, der zwar im Salzburger Nachwuchs spielte, aber erst über Umwege zu den Roten Bullen zurückfand, werden sich um einen Stammplatz matchen. Beide sind momentan zwar verletzt, vor der UEFA Champions League-Qualifikation sollte jedoch zumindest Blaswich wieder fit sein. Zudem plant Schlager, Mitte Juli wieder ins Mannschaftstraining einzusteigen.

Wäre Blaswich oder Schlager länger ausgefallen, hätte es zu einem Knackpunkt beim FC Red Bull Salzburg kommen können. Es hätte sich die Frage gestellt werden müssen, ob den jungen Ersatzkeepern vertraut oder nochmal ein erfahrener Schlussmann geholt wird.

Der Älteste der Jungen ist der 20-jährige Krumrey, der bereits 57-mal in der 2. Liga zum Einsatz kam. Laut Medienberichten soll der Deutsche mehreren Klubs in Österreich angeboten worden sein. Eine Zukunft mit vielen Pflichtspielen beim FC Red Bull Salzburg erscheint nach VICTAURI.at-Einschätzung aktuell unwahrscheinlich. Hinter Krumrey folgt alterstechnisch der 19-jährige Oelz. Der Oberösterreicher hält bei drei Partien in der 2. Liga und wird auch in der anstehenden Spielzeit hauptsächlich beim FC Liefering eingeplant sein.

Der jüngste Torhüter, dem gleichzeitig das größte Potenzial nachgesagt wird, ist der 17-jährige Hamzic. VICTAURI.at hat sich in der Vergangenheit bereits ausführlich mit dem gebürtigen Salzburger befasst. Der dreifache ÖFB-U18-Nationalspieler hat das Zeug dazu, als erster Keeper ohne Umwege den Sprung aus der Jugend zu den Profis zu schaffen. Das dürften die Salzburger Verantwortlichen, die ihn mit einem Profivertrag ausgestattet haben und ihn in der Vorbereitung „oben“ bei den Profis mittrainieren lassen, erkannt haben. Im Testspiel gegen den SV Kuchl kam er zu seinem Debüt für den FC Red Bull Salzburg. In der anstehenden Saison wird er höchstwahrscheinlich die Nummer eins beim FC Liefering sein.

Salko Hamzic vor dem Testspiel gegen den SV Kuchl. (c) Andreas Schaad – FC Red Bull Salzburg

Nun gilt es, Hamzic, der einen Vertrag bis 2027 besitzt, einen Karriereplan vorzulegen. Auch, um anderen jungen Torhütern zu zeigen: Der FC Red Bull Salzburg ist für dich als Schlussmann genauso ein Sprungbrett wie für einen Stürmer, Mittelfeldspieler oder Verteidiger. Der ÖFB baute bereits früh auf den jungen Keeper. Im vergangenen Jahr war er 16-jährig Teil des ÖFB-Perspektivspieler-Lehrgangs. Zudem bestritt er, wie oben erwähnt, schon Spiele für die österreichische U18-Auswahl. Von Bosnien und Herzegowina kann Hamzic aber immer noch „abgeworben“ werden. Der heimische Verband trieb in der Vergangenheit jedoch Hamzic’ Einbürgerung voran.

Es ist natürlich unweigerlich risikobehafteter, früh auf einen jungen Torhüter zu setzen, der bei einer schlechten Performance nicht einfach ausgewechselt werden bzw. nicht behutsam, mit Kurzeinsätzen, an das Niveau herangeführt werden kann. Gleichzeitig wird man nie wissen, wie sich ein junger Keeper schlägt, wenn man ihn nicht einsetzt. Hamzic stand als 14-Jähriger bereits bei der U18 im Tor. Zudem hat er Zweitliga-Erfahrung – ein Bundesliga-Tor ist nicht größer oder breiter als das Gehäuse in LigaZwa.

Der FC Red Bull Salzburg hat im Moment eines der größten Torhüter-Talente Österreichs unter Vertrag und noch dazu selbst ausgebildet. Es wäre schade, sollte er bei den Roten Bullen keine Karriere machen können.